Hiring for Cultural Fit.

August 2022

Zu oft werden Führungspersönlichkeiten aufgrund ihrer Erfahrung geholt und bereits nach kurzer Zeit mangels kulturellen Fits wieder gekündigt, oder sie verlassen das Unternehmen aus eigenen Stücken. Zurück bleibt ein Kollateralschaden bestehend aus einer verpassten Unternehmenstransformation, desillusionierten Mitarbeitern, geschädigten Marktreputation sowie einem Karriereknick für die betroffene Führungspersönlichkeit.

Während Lebensläufe akribisch analysiert werden, kommt während der Evaluation den Soft-Faktoren in der Regel eine zu geringe Bedeutung zu. Dabei geht es um nichts weniger als die strategische Ausrichtung des Unternehmens und die hierfür perfekte Ergänzung des Führungsteams. Während es für eine Restrukturierung eine möglichst hohe Homogenität im Führungsteam braucht, erfordert eine Wachstumsstrategie eine gewisse kognitive Diversität. Zudem ist das für die Unternehmenstransformation einzuschlagende Tempo und davon ableitend auch die Risikobereitschaft entscheidend.

Hand aufs Herz: Welche Suche einer C-Level Position oder eines Verwaltungsrats beginnt mit einer strategischen Auslegeordnung und einer Analyse des bestehenden Führungsteams? Wieviel Zeit verbringt das Nomination Committee mit den Kandidatinnen und Kandidaten, um deren Persönlichkeit bzw. Wertegerüst zu ergründen? Wie stark zählt bei der Evaluation der persönliche Sympathiefaktor und wie stark der Fit zum Führungsteam, zur Unternehmenskultur und zur anstehenden Unternehmenstransformation?

Jede Rekrutierung einer C-Level Position bzw. eines Verwaltungsrats stellt eine Chance dar, das Unternehmen signifikant weiter zu bringen. Entscheidend ist, dass nicht der Ersatz einer ausscheidenden Führungspersönlichkeit im Vordergrund steht. Vielmehr geht es um die Ergänzung des bestehenden Führungsteams zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Es geht nicht um das Ersatz-Profil, sondern um das wertsteigernde Profil. Der zielgerichtete Einkauf von Fussballspielern kann als Benchmark herangezogen werden.

Der Cultural Fit ist ein Balanceakt zwischen dem, was als Basis einer effektiven Zusammenarbeit gleich sein muss – wie Werte, moralischer Kompass, Führungsstil, Arbeitsethos – und dem, was genau anders sein soll. Fehlt der gemeinsame Nenner, so kommt der Zähler nicht zur Geltung. Prominente Beispiele Schweizer Konzerne zeigen, dass die Bestrebung, die Internationalität in der Konzernleitung abzubilden, auch Grenzen haben kann. Denn das Wertegerüst, der Umgang und nicht zuletzt auch die Sprache sind von der kulturellen Herkunft massgeblich geprägt (vgl. Erin Meyer, The Culture Map – Decoding how people think, lead and get things done across cultures).

Trotzdem liegt in der Heterogenität des Führungsteams eine grosse Kraft, ausgetretene Pfade zu verlassen, das Business neu zu denken, neue Geschäftsmodelle zu implementieren, die Unternehmenstransformation voranzutreiben und Unternehmenskultur weiterzuentwickeln. Dies bedarf jedoch der Bereitschaft des Führungsteams, sich auf andere Sichtweisen, Argumentationsstränge, Logiken und Wege einzulassen.

Wieviel Passion braucht es, um Neues zu schaffen – wie viel Resilienz um Bestehendes zu akzeptieren?

Manche Unternehmen sind sich der elementaren Bedeutung des Cultural Fits bewusst und involvieren deshalb Peers und Direct Reports in die Evaluation. Dies ist auch für die Kandidatinnen und Kandidaten äusserst wertvoll, um ihr Bild des Unternehmens zu ergänzen und den kulturellen Fit aus ihrer Sicht zu prüfen. Denn bei jeder Rekrutierung geht es nicht nur darum, die richtigen Führungspersönlichkeiten auszuwählen, sondern auch zu gewinnen. Bei den Feedbacks von Direct Reports ist jedoch zu berücksichtigen, dass es hier zu Interessenskonflikten kommen kann: Während der Verwaltungsrat das Unternehmen möglichst rasch weiterentwickeln will, bevorzugen Direct Reports möglicherweise Vorgesetzte, welche sie in Ruhe lassen. Die Beurteilung des kulturellen Fits ist aus einer Gesamtsicht vorzunehmen und kann nicht durch eine demokratische Abstimmung ersetzt werden. Hingegen hilft ein möglichst heterogen zusammengesetztes Nomination Committee bzw. Rekrutierungsteam, um den Cultural Fit aus einer Gesamtsicht zu beurteilen. Diese Gesamtsicht mit einem massgeschneiderten, externen Assessment zu ergänzen, ist wertvoll. Dies setzt jedoch voraus, dass die Assessoren ein fundiertes Briefing erhalten.

Hierfür einige positive Beispiele aus unserer Executive Search Praxis:

  • Suche eines Verwaltungsratspräsidenten für ein Industrieunternehmen. Durchführung eines mehrstündigen Workshops mit dem Personalberater zur Erläuterung der Eigentümer- und Unternehmensstrategie und Ableitung des Positionsprofils. Mehrere Gespräche der Kandidaten mit den Eigentümern und dem CEO. Gemeinsame Diskussion eines Business Case zur gegenseitigen Prüfung der Diskussionskultur.
  • Suche eines CEOs für ein Dienstleistungsunternehmen. Ergänzung des Nomination Committees mit dem Coach für die laufende kulturelle Transformation des Unternehmens sowie einer weiteren Verwaltungsrätin zur Beurteilung des kulturellen Fits. Gespräche des Personalberaters mit allen Geschäftsleitungsmitgliedern. Besprechung der Analyse von Unternehmenskultur und strategischen Stossrichtungen und Ableitung des Positionsprofils in einem gemeinsamen GL-Workshop.
  • Evaluation eines Head of Marketing & Sales für ein internationales Industrieunternehmens mit signifikanter Wachstumsstrategie. Durchführung eines ganztägigen «Gesprächsmarathons» der beiden finalen Kandidaten mit Peers und Direct Reports aus aller Welt. Auswertungsgespräch mit allen Involvierten. Entscheid des CEOs für die Kandidatin mit rascherer Gangart.
  • Evaluation einer Leiterin für einen Geschäftsbereich eines Finanzinstituts. Abendessen des CEOs mit den beiden finalen Kandidaten unter Einbezug der Ehepartner zur Abtastung des gegenseitigen Wertegerüsts.

Gemeinsam ist diesen Beispielen, dass sich alle Beteiligten viel Zeit genommen haben, um sich auch auf persönlicher Ebene kennen zu lernen. Aufgrund der Tragweite dieser Rekrutierungen haben jedoch alle – inklusive letztlich unterlegener Kandidaten – den massgeschneiderten Prozess als äusserst wertvoll empfunden: «Nach dem ersten Date macht man ja noch keinen Heiratsantrag.»

«Hiring for Cultural Fit», «Business Transformation» und damit einhergehend «Diversity» sind unsere Kernthemen: Als agile, dynamische Schweizer Executive Search Boutique mit integriertem Leadership Consulting wollen wir Mitverantwortung für die erfolgreiche Weiterentwicklung von Unternehmen im digitalen Zeitalter übernehmen. Mit Begeisterung und Kompetenz steht Ihnen Witena als Sparringspartnerin zur Seite, um Sie in der Weiterentwicklung Ihres Unternehmens zu unterstützen.